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Das ist unsere Normalität
Beim Bäcker, beim Autokauf oder beim „Smalltalk“ mit dem Nachbarn: Kommunikation ist das größte Problem, sagt Thomas Zeidler vom Gehörlosenverein Bayreuth. Für Menschen mit Hörbehinderung brauche es dringend mehr Öffentlichkeitsarbeit. Denn die meisten von uns haben keine Ahnung, mit welchen Problemen hörbehinderte Menschen im Alltag kämpfen.
Herr Zeidler, welche Barrieren begegnen Ihnen im Alltag?
Kommunikation, Kommunikation und nochmal Kommunikation! Es ist jeden Tag das gleiche Drama.
Das fängt schon beim Bäcker an: Zwei Semmeln, diese und diese … klappt nicht oder nur mit Ach und Krach. Beim Autokauf: Welche Modelle gibt es, was gibt es für Angebote, wie ist die Fahrweise … Keine Chance, höchstens mit Dolmetscher. Vor der Haustür mit dem Nachbar: „Guten Morgen“, grinsen und das war’s. Eine ausführliche Kommunikation ist nicht möglich. Selbst bei Familienfeiern: Wie geht es dir? Gut. Schön … So, genug Smalltalk!
Es ist immer dasselbe ohne Dolmetscher: Wie ein begossener Pudel stehen wir da! Das hört sich vielleicht wie ein Vorwurf an, ist es aber nicht. Wir haben damit abgeschlossen: Das ist halt unsere Normalität.
Wie hat sich die Situation in der Corona-Pandemie verändert? Sind es mehr Barrieren geworden oder weniger?
Wir haben die genannten Probleme mal 10! Vor der Pandemie konnte man noch mit Mühe wenigstens vom Mund ablesen. Mit Mundschutz geht die Kommunikation gar nicht mehr: Funkstille!
Besonders schwer ist es gerade für die gehörlosen Senioren. Die haben keine Kommunikationsmöglichkeiten mehr und leben wir weggesperrt. Normalerweise treffen wir uns fast jede Woche – im Seniorentreff, auf Versammlungen oder privat. In der Pandemie fällt das alles weg. Um diese Leute mache ich mir am meistens Sorgen. Bei mir geht es ja noch dank Skype, Facetime, Soziale Medien etc. Aber Senioren, die nicht mal Internetverbindung haben …
Was wünschen Sie sich von unserer Gesellschaft und der Politik? Was kann jede*r Einzelne tun, um Barrieren zu beseitigen?
Das Gehörlosengeld wäre eine Alternative: Damit könnten wir Dolmetscher einsetzen.
Und wir brauchen mehr Öffentlichkeitsarbeit durch die Politik, die Träger, aber auch durch die Gehörlosenvereine. Denn nach außen werden wir nicht als behindert wahrgenommen: Wir können alles, nur nicht hören. Es ist wichtig, dass andere Menschen erleben und erfahren können, mit welchen Problemen wir im Alltag kämpfen.
Was auch helfen würde wäre, an allen Schulen das Nebenfach Deutsche Gebärdensprache einzuführen, damit hörende Schüler schon mal mit Gebärdensprache in Berührung gekommen sind.
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