„Mieten fressen Einkommen“: Studie belegt weiter hohes Armutsrisiko durch steigende Mietkosten

09.12.2025

München, 9. Dezember 2025 — Armut nimmt durch hohe Mieten weiter zu – immer mehr arme Menschen werden noch ärmer durch ihre Wohnkosten. Das ergibt die aktuelle Expertise des Paritätischen Gesamtverbandes für das Jahr 2024. Margit Berndl, Vorständin des Paritätischen in Bayern, warnt: „Wohnen ist zum Luxus geworden, und das nicht nur im teuren München. In ganz Bayern beobachten wir seit Jahren, wie deutlich die soziale Schere in der Bevölkerung immer weiter auseinanderklafft. Die Studie zeigt eindringlich, wie sehr Wohnraumknappheit, ein unregulierter Mietmarkt, Luxussanierungen sowie auseinanderlaufende Bestands- und Angebotsmieten die gesamte Lage verschlimmern.“

Deutschlandweit waren im Jahr 2024 5,4 Millionen mehr Menschen armutsgefährdet als nach konventionellen Berechnungen, die keine Wohnkosten, also Warmmiete und Strom, berücksichtigen. Statt 13 Millionen gelten demnach 18,4 Millionen Menschen in Deutschland als arm. Das sind 22,3 Prozent der Bevölkerung. 2023 waren es noch 21,2 Prozent. Die Wohnarmutsquoten liegen dabei in allen Bundesländern deutlich über der konventionellen Armutsquote. „Wir beobachten eine Abwärtsspirale, an dessen Ende immer öfter die Wohnungslosigkeit steht. Dieser soziale Sprengstoff muss endlich entschärft werden”, kommentiert Dr. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes und Mitautor der Expertise unter dem Titel „Mieten fressen Einkommen“, die nach 2024 nun zum zweiten Mal aufgesetzt und veröffentlicht wurde.

In Bayern waren 2024 annähernd 1,6 Millionen Menschen, also rund 11,8 % der Bevölkerung von konventioneller Armut betroffen. Doch die tatsächliche wohnkostenbereinigte Armut liegt höher, bei 18,1 % und 2,39 Millionen Betroffenen. Im Vergleich zum Vorjahr lässt sich eine deutliche Steigerung erkennen: 2023 lag die wohnkostenbereinigte Armutsquote in Bayern bei 16,3 %, konventionell berechnet bei 11,4 %. „In der Gegenüberstellung beider Quotenveränderungen ist ablesbar, dass auch in Bayern der Anteil der Wohnkosten im Verhältnis stärker angestiegen ist, die Wohnkosten also nachweislich wachsender Treiber von Armut sind“, erklärt Berndl.

Überproportional von Wohnarmut betroffen sind dabei mit 31 Prozent die jungen Erwachsenen bis 25 Jahre und ältere Menschen ab 65 Jahren mit 29 Prozent. 31 Prozent aller Paare mit drei oder mehr Kindern sind von Wohnarmut betroffen, und bei Alleinerziehenden sind es vier von zehn Haushalten, also über 40 %. Margit Berndl betont: „Am Ende sind es in erster Linie Menschen mit wenig Ressourcen, die Gefahr laufen, noch ärmer zu werden. Im Mieterland Deutschland haben Menschen mit einem geringen Einkommen kaum Handlungsspielräume.“

Der Paritätische Wohlfahrtsverband spricht sich daher in seiner Studie für eine langfristig angelegte und sozial orientierte Wohnungspolitik aus. Dazu gehören verstärkte Investitionen in die Objektförderung, die Stärkung der neuen Wohngemeinnützigkeit sowie eine gezielte Förderung des genossenschaftlichen und sozialen Wohnungsbaus. Ebenso notwendig ist ein zielgerichtetes Mietrecht, das die Einhaltung bestehender Regelungen sicherstellt und Schutzlücken wirksam schließt. Hierzu zählen insbesondere eine Verschärfung der Regelungen gegen überhöhte Mieten und Mietwucher sowie die rechtliche Möglichkeit, in angespannten Wohnungsmärkten einen Mietendeckel einzuführen. Berndl: „Anders als die Bundesregierung fordern wir als Verband, die bestehenden Lücken nicht nur für Bürgergeld-Beziehende zu schließen, sondern rechtliche und strukturelle Lösungen für alle von Wohnarmut betroffene Menschen zu suchen.“

Die Expertise basiert auf einer Sonderauswertung im Auftrag des Paritätischen, die auf offiziellen Daten des Statistischen Bundesamtes (auf Grundlage von MZ-SILC) basiert. Bei der Berechnung der Armutsquoten werden alle Personen gezählt, die in Haushalten leben und deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte beträgt. Anders als bei der konventionellen Armutsberechnung werden bei der Wohnarmutsberechnung bei der Ermittlung des Medians die Wohnkosten abgezogen.

Die vollständigen Ergebnisse der Studie können Sie in dem unten verlinkten Paritätischen Bericht zur Wohnarmut nachlesen.

Weiterführende Informationen:

Ansprechpartnerin für die Presse:

Gabriele Dorby | 089 30611-245 | presse(at)paritaet-bayern.de

Über den Paritätischen Wohlfahrtsverband in Bayern:

Der Paritätische in Bayern ist einer der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Dem Landesverband haben sich rund 800 Mitgliedsorganisationen angeschlossen, die in allen Bereichen der Sozialen Arbeit tätig sind. Der Paritätische ist zudem selbst Träger sozialer Einrichtungen. Er ist parteipolitisch unabhängig und an keine Weltanschauung gebunden.
Mehr Infos: https://www.paritaet-bayern.de/

 

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