München, 08.07.25 – Viele Menschen in Deutschland fühlen sich durch staatliche Stellen diskriminiert. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hervor. So haben sich beispielsweise neun Prozent schon einmal in einer Behörde oder einem Amt diskriminiert gesehen1. Aufgrund einer Regelungslücke besteht in Bayern dagegen jedoch kein ausreichender Schutz. Um das zu verbessern, braucht es ein Landesgesetz gegen Diskriminierung. Ein Gesetzentwurf hierzu wird derzeit im Bayerischen Landtag diskutiert, der kommenden Donnerstag (10. Juli 2025) in zweiter Lesung behandelt wird. Der Paritätische begrüßt diesen Gesetzesvorstoß grundsätzlich und formuliert dazu eigene Eckpunkte (siehe weiter unten).
„Diskriminierung durch staatliche Stellen wie Ämter und Behörden ist Realität für viele Menschen in Deutschland. Anders als in Berlin sind Betroffene in Bayern allerdings weniger gut geschützt. Das Land ist gefordert, diese Lücke zu schließen", so Margit Berndl, Vorständin Verbands- und Sozialpolitik des Paritätischen in Bayern.
Warum ist ein Landesgesetz gegen Diskriminierung notwendig?
Das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) bietet zwar im Arbeitsleben oder in Alltagsgeschäften einen akzeptablen Schutz vor Diskriminierung, nicht aber vor Diskriminierung in den genannten staatlichen Handlungsfeldern Bayerns. Andere Regelungen wie der Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) schützen hier zwar theoretisch vor Diskriminierung, in der Praxis jedoch nur unzureichend, da es für Betroffene schwer ist, ihre Rechte tatsächlich durchzusetzen. Das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz (BayBGG) wiederum bietet mit einem Verbandsklagerecht vergleichsweise bessere Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung bei Diskriminierung in staatlichen Handlungsfeldern Bayerns, schützt aber nicht alle betroffenen Gruppen.
Der Paritätische in Bayern ist davon überzeugt: „Ein bayerisches Landesgesetz gegen Diskriminierung, das die staatlichen Handlungsfelder adressiert und dabei insbesondere mit den folgenden Eckpunkten ausgestattet ist, kann Diskriminierung wirkungsvoller verhindern und das Vertrauen zwischen den Bürger*innen und den staatlichen Stellen Bayerns stärken“, betont Margit Berndl.
Paritätische Eckpunkte eines Bayerischen Landesgesetzes gegen Diskriminierung
- Schutz für alle
Die Auffassung dessen, was als Diskriminierung gilt, verändert sich im Laufe der Zeit. So sind beispielsweise die in § 1 AGG explizit genannten Diskriminierungsformen nicht ausreichend, da hier zahlreiche Merkmale nicht erfasst werden. Deswegen benötigt es in dem bayerischen Landesgesetz gegen Diskriminierung eine flexible Formulierung, die auch alle zukünftig denkbaren Formen von Diskriminierung verbietet. Dies kann durch eine sogenannte Öffnungsklausel („insbesondere“) in Verbindung mit der expliziten Nennung von Diskriminierungsformen umgesetzt werden. - Beweiserleichterung
Von Diskriminierung betroffene Personen verfügen häufig nicht über die Möglichkeit, die stattgefundene Diskriminierung auch zu beweisen. Um Betroffene bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen, wurde im Jahr 2006 im § 22 AGG eine Beweiserleichterung geregelt. Diese Regelung hat sich in den vergangenen 19 Jahren bewährt. In dem bayerischen Landesgesetz gegen Diskriminierung ist ebenfalls eine Form der Beweiserleichterung nötig. - Verbandsklagerecht
Viele von Diskriminierung betroffene Menschen sind aufgrund von Machtungleichgewichten nur schwer in der Lage, ihre Rechte tatsächlich durchzusetzen. Deswegen begrüßt es der Paritätische in Bayern, dass im § 17 BayBGG eine Form des Verbandsklagerechts etabliert wurde. In dem bayerischen Landesgesetz gegen Diskriminierung wäre ebenfalls eine Form des Verbandsklagerechtes für Betroffenen-Vertretungen zielführend. - Schadenersatz und Entschädigung
Wenn Menschen Diskriminierung erfahren haben, müssen diese einen Anspruch auf Schadenersatz haben. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, müssen Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen können. - Ombudsstelle
Um die Justiz zu entlasten und bei Streitigkeiten außergerichtliche Einigungen zu erleichtern, benötigt es eine unabhängige Ombudsstelle. Diese kann Beschwerden wegen eines Verstoßes gegen das bayerische Landesgesetz gegen Diskriminierung aufnehmen, aufklären, weitervermitteln oder bearbeiten. - Adäquate Frist
Wenn Personen Diskriminierung erfahren, benötigen sie ausreichend Zeit, um die Situation zu verarbeiten und sich zu entscheiden, inwiefern sie rechtliche Schritte einleiten möchten. Das bayerische Landesgesetz gegen Diskriminierung muss deshalb eine adäquate Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen enthalten. Die im AGG enthaltene Frist von zwei Monaten ist viel zu kurz.
Quellen:
[1] Antidiskriminierungsstelle des Bundes: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/aktuelles/DE/2025/20250701_Staatliches_Handeln.html
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Über den Paritätischen Wohlfahrtsverband in Bayern
Der Paritätische in Bayern ist einer der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Dem Landesverband haben sich rund 800 Mitgliedsorganisationen angeschlossen, die in allen Bereichen der Sozialen Arbeit tätig sind. Der Paritätische ist zudem selbst Träger sozialer Einrichtungen und unterhält bayernweit diverse Pflegeeinrichtungen. Er ist parteipolitisch und konfessionell unabhängig und an keine Weltanschauung gebunden.