München, 02.12.2025 — Entgegen der Ankündigungen im Koalitionsvertrag wird es in Bayern vorerst kein Gehörlosengeld geben. Der Paritätische Wohlfahrtsverband in Bayern kritisiert diese Entscheidung deutlich und bezeichnet sie als Rückschlag für die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe gehörloser Menschen. „Die Entscheidung, das Gehörlosengeld jetzt wieder nicht einzuführen, widerspricht den langjährigen politischen Zusagen und verkennt die Lebensrealität vieler Betroffener“, erklärt Margit Berndl, Vorständin Sozialpolitik. „Teilhabe darf nicht vom Wohnort abhängen. Bayern muss endlich nachziehen und Gehörlosen denselben Nachteilsausgleich gewähren, wie ihn andere Bundesländer längst eingeführt haben.“
Hintergrund
Ein Gehörlosengeld wäre ein pauschaler Nachteilsausgleich analog zum bestehenden Blindengeld. Es soll gehörlosen Menschen helfen, die mit ihrer Behinderung verbundenen Mehrkosten für Kommunikation, Hilfsmittel und Teilhabe abzufedern. Der Paritätische weist darauf hin, dass Menschen mit Hörbehinderung in Bayern derzeit auf ein lückenhaftes System aus Einzelfallregelungen und aufwendigen Antragsverfahren angewiesen sind.
Laut Zahlen des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS) leben in Bayern rund 15.000 Menschen mit einem Hörverlust von mindestens 80 Prozent. Der aktuelle Mangel an Gebärdensprachdolmetscher*innen – derzeit etwa eine dolmetschende Person für 66 Betroffene – erschwert zusätzlich eine gleichberechtigte gesellschaftliche und berufliche Teilhabe.
Forderungen des Paritätischen in Bayern
Der Paritätische Bayern fordert die Staatsregierung auf, die im Koalitionsvertrag zugesagte Einführung eines Gehörlosengeldes umzusetzen und so ein klares Signal für Inklusion und Gerechtigkeit zu setzen. Dazu gehört:
- die umgehende Einführung eines Gehörlosengeldes als dauerhafte Leistung,
- der Abbau bürokratischer Hürden bei der Beantragung von Kommunikationshilfen und Dolmetschleistungen,
- sowie eine Stärkung der Ausbildungs- und Förderstrukturen für Gebärdensprachdolmetscher*innen.
„Teilhabe ist mehr als räumliche Barrierefreiheit – sie bedeutet die Möglichkeit, in allen Lebensbereichen zu kommunizieren, mitzugestalten und teilzuhaben“, so Margit Berndl. „Ohne die Einführung eines Gehörlosengeldes bleibt Bayern hinter anderen Bundesländern und hinter den Verpflichtungen der UN-Behindertenrechtskonvention zurück.“
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Über den Paritätischen Wohlfahrtsverband in Bayern:
Der Paritätische in Bayern ist einer der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Dem Landesverband haben sich rund 800 Mitgliedsorganisationen angeschlossen, die in allen Bereichen der Sozialen Arbeit tätig sind. Der Paritätische ist zudem selbst Träger sozialer Einrichtungen. Er ist parteipolitisch unabhängig und an keine Weltanschauung gebunden.
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